[Fan Fiktion] Die Sternenkrieger von Vega

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Alexander
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DIE STERNENKRIEGER VON VEGA
von Alexander
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PROLOG
KAPITEL 1
KAPITEL 2
KAPITEL 3
KAPITEL 4
KAPITEL 5
KAPITEL 6
KAPITEL 7
KAPITEL 8
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PROLOG

* Vasuda-System, Januar 2368

Sand, Staub, Asche? Vasuda Prime. Ein gewaltiger Orkan fegte über das ausgedörrte Land und wirbelte Unmengen von Sand, Staub und Asche in die dünne Atmosphäre. In den höheren Atmosphärenschichten zuckten Blitze aus pechschwarzen Wolkenmassen. Doch es würde nicht regnen, es würde niemals wieder regnen. Die Wolken und Blitze gehörten zu einem der oft tobenden Sommergewitter. Der Orkan gab sich zudem alle Mühe soviel Sand, Staub und Asche aus den endlosen Ebenen eines vor Äonen ausgetrockneten Ozeans aufzuwirbeln, das man die schwarzen Gewitterwolken nicht mehr sehen konnte.

Heliopolis, Stadt der Sonne, Sitz der Imperatoren, schwindelerregende, weiße Türme, wuchtige Pyramiden, Hochhäuser aus gelben Standstein, Säulen, Äquadukte, Mamor und roter, vasudanischer Granit, uralte Artefakte und Rätsel über Rätsel. Das alles war dieses Ruinenfeld und für die Vasudaner noch viel mehr. Es war das religiöse, kulturelle und nicht zuletzt ihr sentimentales Zentrum.

Ein junger Mann von kaum achtzehn Jahren lag fluchend unter einem großen Bulldozer und hantierte an der Ölwanne herum. Die dicke Strahlenschutzkleidung behinderte ihn sichtlich bei der Arbeit. Nach einer Weile kroch er unter dem Bulldozer hervor und warf fluchend die beiden Schraubenschlüssel zu Boden. Die Ölwanne war nicht zu retten. Nicht das dies jetzt noch eine Rolle spielte, denn das Öl war komplett ausgelaufen und bildete eine schwarze Pfütze unter dem Bulldozer. Der junge Mann hakte das Funkgerät vom Gürtel und hob es zum Mund.
»William an Dad. Der Bulldozer ist hin. Er ist fertig!«, brüllte er in das Funkgerät.
Die Antwort war nicht zu verstehen. Doch es gab ja sowieso nur eine Wahl. William packte seinen Rucksack und marschierte los. Über ihm tobte und wütete der Orkan als sei er ein uralter, längst toter Gott der die Eindringlinge in seinem für ewig toten Reich vernichten wolle.

Frank Wallace, ältestes Familienmitglied der berühmten Heldenfamilie, blickte missmutig in die Sandschwaden hinaus. Sein jüngster Sohn stolperte sandverkrustet in den Eingang des kleinen Bunkers hinein.
William trat zu seinem Dad. Der Geigerzähler an seinem Gürtel piepste beunruhigend.
»Der Orkan wird noch Stunden wüten!«, brüllte William.
Frank nickte. Er hatte im Großen Krieg gegen die Vasudaner gekämpft bis sie seiner viel versprechenden Karriere im Antares System ein Ende gesetzt hatten. Sein GTF Angel war von einem PVF Anubis während der Operation Thresher abgeschossen worden. Er hatte dabei den linken Fuss, drei Finger an der rechten Hand und reichlich Blut verloren. Vier Jahre Intensivmedizin hatten ihn vor dem sicheren Tod gerettet, doch fliegen konnte er nicht mehr.
Frank erinnerte sich noch gut an die mitleidigen Blicke seiner Schwester Karin, die selbst ein Ass war und gerade befördert wurde. Inzwischen war sie Vizeadmiral und er war? Frank seufzte. Er war ein verkrüppelter Hilfsarbeiter der nicht einmal seinem Sohn eine gute Zukunft bieten konnte. Jetzt hatten sie auch noch den Bulldozer verloren was bedeutete das sie praktisch arbeitslos waren. Ohne Bulldozer würde sie kein Archäologenteam für Ausgrabungen anheuern.
»Dad?«
»Ja?«
»Patrick hat mir eine Starmail geschickt. Die Allianz sucht dringend Piloten. Ich könnte? .«
»Nein.«
»Aber Dad!«
»Nein, Schluß, ich sagte nein. Das Thema ist erledigt. Du wirst kein Pilot werden.«
Frank konnte seinen Sohn gut verstehen. Die Sterne lockten ihn und seitdem sein Neffe Patrick Leutnant und Staffelführer war, verging keine Woche in der dieses Thema nicht irgendwie zur Sprache gebracht wurde. Er wusste auch das er seinen Sohn nicht ewig zurückhalten konnte. Aber noch sperrte er sich gegen den Gedanken das sein Sohn Kampfpilot werden wollte.

Rhadec betrat den kleinen Bunker. Er war der Leiter dieser Expedition und ihr derzeitiger Arbeitgeber. Wie alle Vasudaner war auch Rhadec drei Köpfe größer als ein durchschnittlicher Terraner und besaß einen entfernt skelettähnlichen, teilweise spindeldürren Körperbau der perfekt an das Leben in einer Wüste angepasst war. Jeder Vasudaner konnte wochenlang ohne Wasser auskommen und, wenn es nötig war, auch Wasser trinken das nach terranischen Standards ungenießbar war.
»Die Orkansaison hat begonnen.«, sagte er in gebrochenem Englisch. »Wir brauchen jetzt Bulldozer um die Wüste daran zu hindern die Ausgrabungsstellen wieder zuzuwehen. Handarbeiter brauchen wir nicht.«
Rhadec schwieg eine Weile und sah von Vater zu Sohn und wieder zurück. Seine schwarzen Augen glitzerten als er weitersprach.
»Funktioniert euer Bulldozer oder nicht?«
Frank Wallace schüttelte nur mit dem Kopf. Rhadec war kein Wissenschaftler sondern der technische Sachverständige und der technische Direktor dieser Expedition. Er kannte sich mit Bulldozern sehr gut aus. Es hätte keinen Sinn gemacht ihn anzulügen.

Zwei Stunden später hatten Vater und Sohn Wallace ihren Lohn erhalten und stiegen mit ihren wenigen Habseligkeiten in einen der wartenden GVT Isis Transporter. Das Shuttle würde sie zur GVT Qeb bringen und diese wiederum nach Vega, ihrer derzeitigen Heimat. Ihr alter Bulldozer blieb zurück. Rhadec hatte ihnen eintausend V-Credits dafür bezahlt, was besser war als nichts und dennoch weit schlechter als der Einkaufspreis der Maschine.

William blickte aus dem Bullauge auf die unter ihm vorbeiziehende Landschaft. Bei dieser Geschwindigkeit konnte man kaum etwas erkennen. Die Ruinen, die Gebirge und die endlosen Sandeinöden, die einst Ozeane gewesen waren, zogen an ihm vorüber. Vasuda Prime war ein weiterer Ort auf einer langen Liste von Stationen in seinem Leben. Seine Familie zog von Welt zu Welt, immer auf der Suche nach Arbeit die sonst niemand machen wollte. William hasste dieses Leben.
Die GVT Qeb verließ die Atmosphäre und schwenkte in einen Orbit um Vasuda Prime ein. Bald würde sie ihr Subraumtriebwerk starten und zum nächsten Sprungknoten warpen. Vega wartete auf sie und damit der nächste, hassenswerte Job.

William schwor sich zum nächstbesten Rekrutierungsbüro zu gehen, wenn sie auf Vega angekommen waren. Er hatte das Leben als armer Hilfarbeiter gründlich satt. Er wollte Pilot werden wie sein Cousin Patrick und unter seiner Tante Karen auf einem Zerstörer dienen. Das war sein Traum seit vielen Jahren und William würde sich von nichts und niemanden davon abhalten lassen ihn in die Tat umzusetzen.


*
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KAPITEL 1

* Vega-System, Mai 2368

Ein perfekt geharkter Kiesweg führte zu einem niedrigen Einfamilienhaus in den südlichen Vororten der Calibanmetropole auf dem zweiten Planeten des Vega-Systems. Der Planet wurde seit einigen Jahren Veghan genannt. Industriesmog, Staub und Asche aus der nahen Salatarwüste behinderten die Sicht und überzogen das Haus, den Vorgarten und das ganze Viertel mit einer dicken Dreckschicht.
Eine Frau in den mittleren Jahren putzte die verdreckten Fenster und ein dünner, hochgewachsener junger Mann von kaum achtzehn Jahren lag unter einem alten Sonnenschirm. Der Mann las in einem alten Buch namens "Die Sternenkrieger von Vega".
Patrick Wallace strich sich seine Uniform glatt.
Dann schritt er die Auffahrt hinauf und trat seinem Cousin sacht gegen das rechte Bein.
»Ja, was ist denn schon wieder?«, maulte William Wallace.
»Die Flugschule will dich aufnehmen.«, sagte Patrick. »Deine Noten sind sehr gut und bei dem Test vor vier Tagen hast du als Bester abgeschnitten. Wenn du willst, kannst du schon morgen der Raumflotte der Galaktisch Terranischen Vasudanischen Allianz beitreten. Na, was sagst du?«
William kroch unter dem alten Sonnenschirm hervor.
»Meinst du das ernst?«, fragte er seinen Cousin.
»Ja, natürlich. Du bist ein Naturtalent und die Flotte will dich als Piloten.«, antwortete Patrick lachend.

Zwei Stunden später war Patrick gegangen und William packte seine Sachen zusammen. Frank sah seine Frau Martha an. Sie saß schweigend auf dem alten Sofa und hantierte gedankenverloren mit alter Strickwolle herum.
Der Junge freute sich kindisch über die Aufnahme an der Flugschule. Es war seine Chance aus diesem System heraus zu kommen, aus diesem Leben, aus diesen beengten, ärmlichen Verhältnissen. William träumte schon seit Jahren davon Pilot zu werden. Sollte sie ihrem jüngsten Kind diesem Traum verwehren?
Frank konnte seine Frau nicht länger ansehen. Alles hätte er ertragen können, Tränen, Geschrei und Zank. Aber diese resignierte Stille war zuviel für ihn. Jan, sein ältester Sohn, lebte irgendwo im Beta Aquilae System und arbeitete dort als Asteroidenbergarbeiter. Sie hatten seit Jahren keinen Kontakt mehr zueinander.
Jessica, seine Tochter, hatte einen Bankkaufman geheiratet, einen wirklich kultivierten und reichen Mann, der im Zuge der großen Wirtschaftskrise nach der Zerstörung Capellas alles verloren hatte. Er hatte sich selbst erschossen und seine mittellose, schwangere Frau irgendwo im Laramis-System zurückgelassen. Auch zu ihr hatten sie inzwischen keinen Kontakt mehr.
»Jetzt hat deine Schwester doch noch gewonnen.«, sagte Martha leise.
Frank nickte. Seine Schwester! Die Frau Admiralin, die Heldin in der Familie der Helden. Was sollte er dazu sagen? Frank fiel keine Antwort ein. So ging er hoch in den zweiten Stock um seinem Sohn beim Sachenpacken zu helfen.

Drei Tage später brachte ihn sein Vater Frank zum Rekrutierungsbüro. William hatte sich die Haare kurz schneiden lassen und seinen besten Anzug angezogen. Sein Vater umarmte ihn. Ein Überschallknall ließ das Rekrutierungsbüro erbeben.
Die beiden Männer sahen zum Himmel hinauf. Ein Transporter der Elysium-Klasse zog einen langen Feuerschweif hinter sich her. Der Pilot bremste sein Raumschiff auf äußerst spektakuläre Weise in der Atmosphäre ab.
Alle Frachterpiloten taten dies seit den Tagen von Tycho Brahe, dem legendären Helden Vegas, dessen Taten in »Die Sternenkrieger von Vega« verewigt wurden. William bewunderte diesen Wagemut, diesen Schneid, und nahm sich fest vor es dem großen Helden eines Tages gleichzutun. Jetzt, da er ein Kadett war, lag dieser Tag nicht mehr fern. Er würde tatsächlich Kampfpilot werden.
»Dad... ich muss jetzt wirklich los.«, drängelte William.
Seine Mutter Martha hatte leise geweint, als die Ausforderung sich innerhalb von einhundert Standardstunden im Rekrutierungsbüro zu melden, eingetroffen war. Doch William träumte seit seiner Kindheit von den Sternen. Jetzt bot sich ihm die einmalige Chance diesen Traum zu verwirklichen, tatsächlich Flottenpilot zu werden. Seine Ausbildung zum Kampfpiloten würde in vier Tagen beginnen. Ein Traum würde wahr werden.
»Alles gute, mein Sohn.«, murmelte sein Vater.
Der alte, durch die harte Arbeit früh verbrauchte Mann trat zurück. Er musterte seinen Sohn.
»William.«, sagte er. »Egal was du tust, Ma und ich sind immer stolz auf dich. Denk immer daran, hier wartet ein Zuhause auf dich.«
Dann drehte sich sein Vater um. Es gab nichts mehr zu sagen. Er hatte sein Kind an die Sterne verloren. In seine rechten Hand hielt er den Goldenen Stern, das Ehrenabzeichen für Familien, deren Kinder in der Armee dienten.

* Beta-Aquilae-System, Dezember 2369

Das Donnern der Triebwerke der beiden GTF Loki, leichter terranischer Jäger, ließ das kleine Flugfeld am Rande der Godarwüste erbeben. Der Überschallknall war ohrenbetäubend laut. Saul Harcourt warf sich flach hin und fraß Dreck.
Er fluchte lauthals.
Die jungen Wilden, also die Rekruten, flogen heute zum ersten Mal echte Jäger. Sie hatten hunderte Stunden im Simulator verbracht und glaubten nun sie würden die Loki in- und auswendig kennen. Einer oder auch zwei der Piloten hatte ihre Loki auf spektakuläre Weise in der Atmosphäre abgebremst und dann mit den Nachbrennern ebenso spektakulär beschleunigt.
»Verdammt!« , brüllte Saul in seinen Kommunikator. »Wer spinnt denn da wieder?«
»Das sind Hero und Ace, Sir. Die besten Rekruten des derzeitigen Jahrgangs.«
Die Stimme des Einsatzoffiziers klang jovial. Wahrscheinlich konnte er sich ein Lachen gerade so verkneifen. Hero, also William Wallace, behauptete immer das die Transporterpiloten über der Salatarwüste des Planeten Veghan ebenso spektakulär abbremsten. Er hatte das Manöver seinem neuen besten Freund Ace, also Kevin Petrarch, beigebracht.
Saul stand auf und klopfte sich den Staub aus der Uniform. Er war einst für die NTF geflogen. Deshalb mochten ihn die anderen Offiziere nicht sonderlich. Hero jedoch war einfach nur ein grüner Junge, der es nicht besser wusste. Ace, sein bester Freund, war auch nicht viel besser, flog allerdings nicht ganz so spektakulär. Wahrscheinlich waren sich Hero und Ace nicht einmal bewusst, dass das Zünden der Nachbrenner in der Atmosphäre Auswirkungen auf das hatte, was sich unter dem Jäger befand. Simulatoren berücksichtigten solche Aspekte nicht.
»Hero und Ace sollen landen. Die knöpfte ich mir vor.« , sagte Saul zum Einsatzoffizier.
»Verstanden Sir.«
Saul ging zu der schäbigen Kaserne. Jeder Rekrut würde noch achtzig Flugstunden erhalten, plus dreihundert Simulatorstunden. Dank des Sol-Knossos-Projektes waren Jäger, Ersatzteile, Munition und sogar Deuteriumtreibstoff knapp. Command hatte den Flugschulen so gut wie alle realen Einsätze gestrichen.
Colonel Hlane hatte dazu bemerkt das Simulatoren die Rekruten genauso gut auf Missionen vorbereiten konnten wie reale Einsätze. Nun ja, dachte Saul, Command hatte wahrscheinlich keine Wahl.

Im Tower des kleinen Flugfeldes wartete bereits Patrick Wallace, der Cousin von Hero alias William Wallace. Der große Mann wies deutliche Ähnlichkeiten mit dem widerspenstigen Kadetten auf. Zweifellos besaßen beide Männer Talent. Sie waren die geborenen Flieger. Patrick war aber viel ruhiger, freundlicher und alles im allem umgänglicher als William.
»Er wird es schon noch lernen.«, meinte Patrick.
»Stehen mir meine Gedanken jetzt ins Gesicht geschrieben?«, herrschte ihn Saul an.
»Nein, nein.«, beruhigte ihn Patrick. »Aber ich habe den Überschallknall gehört und du siehst aus, als hättest du dich quer durch die nächste Düne gebuddelt. Da habe ich halt eins und eins zusammengezählt.«
»Dann kannst du dir ja die Standpauke vorstellen, die ich gleich halten werde.«
»William ist der beste Kadett, den die Akademie seit zehn Jahren hervorgebracht hat. Alle seine Werte sind sehr gut. Er ist intelligent, begabt, ehrgeizig und er weiß was er will. Ace ist nur eine Winzigkeit schlechter. Wir brauchen solche guten Piloten.«

* Beta-Aquilae-System, Februar 2370

Am Abend versammelten sich die Kadetten auf dem Vorplatz. Einige spielten Baskettball, andere Fussball und wieder andere Schach, Halma oder eins der zahllose Kartenspiele. Über die Vidschirme flimmerte die Actionserie "Vega", die auf dem berühmten Roman "Die Sternenkrieger von Vega" basierte. Tycho Brahe, dargestellt von Fimstar James Moro, flog gerade seine Feinde in Grund und Boden. Die jungen Kadetten liebten diese Serie, die ganze Allianz liebte sie, wie die immer weiter steigenden Zuschauerzahlen bewiesen.
Kevin "Hero" Petrarch trat zu William. Die Abschlussnoten lagen vor.
»Zweimal einhundert Prozent und zweimal neunundneunzig.«, sagte Kevin erstaunt.
William lächelte stolz. Seine Noten waren besser als die des Heldensohnes. Kevin kam ihm zwar sehr nahe, hatte ihn auch auf einigen Gebieten übertrumpft, doch insgesamt war William der beste Kadett des Jahrgangs, ja sogar des ganzen Jahrzehnts. Kevin schlug ihm freundschaftlich auf die Schulter.
»Du bist der Beste, Hero.«, meinte er.
»Knapp daneben ist eben auch vorbei, Ace.«, erwiderte William.
Kevin lachte. Er war gut gelaunt. Seine Noten waren mehr als gut und sie beide hatten den Rest der Klasse weit hinter sich gelassen. Hero und Ace, die beiden heißen Anwärter auf den Status eines wahren Asses seit Kevins Vater vor mehr als dreißig Jahren die Akademie verlassen hatte. Jedenfalls war dies die Meinung der lokalen Presse. Nicht wenige Ausbilder hatten sich dem angeschlossen und die Kadetten selbst glaubten fest an ihre Fähigkeiten.
»William! Kevin!«, rief Saul Harcourt und lief auf die beiden jungen Männer zu.
»Herzlichen Glückwünsch zum erfolgreichen Abschluss. Die Ausbildung endet offiziell zwar erst in drei Tagen, aber ich dachte, ich gratuliere euch schon jetzt. Eure Aufnahme in die Flotte ist nur noch eine Formalität.«
»Vielen Dank, Sir.«, antwortete Kevin.
»He, nicht so förmlich, Pilot. Wir sind jetzt Kameraden.«
William strahlte über das ganze Gesicht als er die Hand seines Ausbilders ergriff und fest schüttelte. Er war seinem Traum sehr nahe gekommen. Schon bald würde er tatsächlich auf einem Zerstörer dienen und das elende, erbärmliche Leben seiner Jugend gehörte dann endgültig der Vergangenheit an.
Auf den Vidschirmen hob James Moro, alias Tycho Brahe, die rechten Hand zum Gruß. Wie immer hatte er alle seine Feinde besiegt.


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KAPITEL 2

* Delta-Serpentis-System, März 2370

Avalon und sein großer Mond Sojus hingen wie Juwelen vor der sternenübersäten Schwärze des Weltraums. Der rotgelbe Planet mit grünen Einsprengseln und sein großer, kraterübersäter Mond umkreisten auf ihrer äonenalten Umlaufbahn die Sonne Delta-Serpentis.
»Alpha-Eins, sie haben Landeerlaubnis.«
Die Stimme von Colonel Alexios Stevon, dem Kommandeur aller Geschwader an Bord der neuen GTD Intrepid, tönte laut und deutlich aus dem Intercom. Major Lance Vincey drehte seine Perseus zum Anflug bei.
Stolz prangte der Name GTD INTREPID über der Landebahn auf der rechten Seite des kastenförmigen Schiffes. Die neue Intrepid war wie das Original ein Zerstörer der Orion-Klasse. Lance Vorstellungen eines Trägerschiffes gingen eher in die Richtung der modernen Hecate-Zerstörer oder der vasudanischen Hatshepsut-Klasse. Diese Schiffe waren größer, besaßen mehr Jägerdocks und verfügten über modernste Abwehrwaffen.
Die Orions waren einfach veraltet, wie der letzte Krieg deutlich gezeigt hatte. Das Design der Orions gefiel Lance hingegen. Dummerweise gewann man mit Schönheit keine Schlachten, vor allem wenn der Gegner aus nihilistischen Mordmaschinen oder religiösen Fanatikern bestand.

Er schaltete den Umkehrschub ein und ärgerte sich über sich selbst. Die Landung auf Trägerschiffen war immer eine knifflige Angelegenheit und er hatte einen kleinen Fehler gemacht. Es wurde keine Bilderbuchlandung. Ein Einsatz war eben erst zu Ende, wenn er zu Ende war. Vorher sollte man sich keine Tagträumereien leisten. Das predigte Lance seinen Piloten immer wieder. Er hatte gegen sein eigenes Gesetz verstoßen.
Seine GTF Perseus durchbrach das Schutzschild des Hangers. Mit dem ersten Blick erkannte Lance wie vollgestopft der Hangar war. Dutzende GTF Hercules Mark II, GTB Artemis, GTB Boanerges, GTF Myrmidon und drei komplette Staffeln GTF Perseus waren von den findigen Technikern der Intrepid in den Hangar gequetscht worden.
Lance setzte hart auf, kam schlitternd zu stehen und wurde von einem automatischen Greifarm erst nach drei Fehlversuchen gepackt. Der Greifarm zog ihn zu seiner Startbucht hinüber und ging mit deutlichem Ruckeln zurück in Warteposition. Zwei Techniker der Bodencrew kamen sofort angerannt um die Fehlfunktion zu beheben.
Lance überprüfte die Statusanzeigen seiner Maschine. Langsam und methodisch schaltete er alle Systeme aus. Lance lehnte sich zurück und schaltete den Schleudersitzmechanismus ab. Die Cockpithaube sprang zurück.
»Willkommen an Bord, Sir.«
»Lisa? Lisa Rocket? Verdammt, das ist ja ein Zufall!«
Die Bodenpersonalchefin sah Lance ernst an. Sie war immer noch von den fürchterlichen Verbrennungen gezeichnet, die sie vor Jahren in Capella erlitten hatte.
»Du bist also auch hierher versetzt worden.« , sagte Lance und schälte sich aus dem Pilotensitz. Lisa half ihm dabei.
»Es wurden Piloten der inzwischen aufgelösten Geschwader hierher verlegt. Wir haben hier 272nd, 70th und natürlich 53rd. Gemeinsam bilden wir das neue 53rd Einsatzgeschwader. Die anderen Geschwader bestehen aus ehemaligen Milizpiloten der lokalen Luftwaffen, aus begnadigten NTF-Piloten und aus Rekruten frisch von der Akademie. Ein paar der Neulinge haben nicht einmal zwanzig reale Flugstunden auf dem Buckel. Zudem hassen die Miliztypen die Rebellen und umgekehrt. Ich will mir gar nicht vorstellen was passiert, wenn wir mit diesem Kindergarten auf echte Gegner treffen. Na, immerhin sind Mathias Volter, Ivonne Midlano, Patrick Wallace, Saul Harcourt und Peter Samsonow hier. Wir stehen also nicht ganz allein da.«
»Und unser Chef?«
»Das ist ein stolzer, fünfzigjähriger Grieche namens Alexios Stevon. Er stammt von der Erde und bildet sich sehr viel darauf ein. Aber er ist auch ein fähiger Organisator und Koordinator. Ich denke er ist der richtige Mann für den Posten des obersten Geschwaderführers. Natürlich führt er von der Einsatzzentrale aus, denn er ist bereits über fünfzig Jahre alt. Na ja, zudem ist er kein besonders guter Pilot.«
Lance und Lisa gingen in Richtung Kommandodeck davon. Sie gab ihm dabei noch weitere Informationen über sein neues Geschwader, die Ausrüstung und die Waffensysteme. Neue Schiffe oder Waffen gab es nicht. Die Niederlage im Capella System vor fünf Jahren hatte die GTVA schwer getroffen.
Der Wiederaufbau konzentrierte sich erst einmal auf den Ersatz verlorener Schiffe, nicht auf die Entwicklung neuer und besserer Maschinen. Freilich waren die Werften von Capella verloren und die Flotte besaß trotz aller Anstrengungen bestenfalls dreißig Prozent ihrer Vorkriegsstärke. Weiterhin verbrauchten das Sol-Knossos-Projekt und das New-Hope-Projekt Unmengen an Ressourcen.

# # #

Tausend junge Männer und Frauen standen in Reih und Glied auf dem kalten Stahlboden des Flugdecks. Das ganze Deck sah sehr neu aus. Es gab keine Kratzer, keine Ölflecken, keine Brandreste und auch kein getrocknetes Blut. Noch nicht. Dafür roch der ganze riesengroße Raum nach Reinigungsmitteln.
Auch die grauen Uniformen der Piloten, Techniker und Soldaten waren makellos sauber, rochen nach Waschmittel und sahen sehr neu aus. Es war klar das die neue Intrepid erst noch ein normales Kriegsschiff werden musste. Ein paar Einsätze gegen echte Feinde würden diesen Prozess sicherlich stark beschleunigen.
Auf einem großen Podium stand Admiralin Karen Wallace. Ihre langen schwarzen Haare lagen offen über ihren Schultern, ihre brauen Augen schienen jeden Anwesenden gleichzeitig zu fixieren und ihre Uniform war mit all ihren Auszeichnungen und Orden behängt. Sie war eine recht attraktive Frau in den Fünfzigern und sie strotzte geradezu vor Selbstbewusstsein. Ihre Familie stammte ursprünglich aus Schottland und blickte auf eine jahrhundertealte Kriegertradition zurück. Im Laufe der Zeit hatten zahllose Wallace in den Armeen verschiedenster Staaten gedient. Einige von ihnen waren sogar berühmte Helden geworden.
Die Admiralin musterte die anwesenden Terraner lange. Sie sah die Veteranen, Lance Vincey, Peter Samsonow, Mathias Volter, Ivonne Midlano und Lisa Rocket. Dann waren da die ehemaligen NTF-Piloten wie Saul Harcourt und die ehemaligen Milizpiloten wie ihr Sohn Patrick. Letztlich wichtig waren ihr aber die Rekruten wie Kevin Petrarch und ihr Neffe William Wallace. Auf ihren Neffen war sie besonders stolz. Er war der beste Kadett des Jahrgangs und darüber hinaus des ganzen Jahrzehnts.

Es war aus ihrer Sicht mehr als bedauerlich, das ihr Bruder Frank so gar kein Interesse am Militär mehr hatte. Nach Karen Wallace Meinung waren alle Wallace für das Militär bestimmt. Gut, Frank war in Antares zum Krüppel geschossen worden. Aber er hätte durchaus eine Stelle in ihren Stab annehmen können. Lisa Rocket diente ja auch noch in der Flotte. Nein, sagte sich die Admiralin, sie würde ihren Bruder niemals verstehen können.
Schließlich trat sie hinter den kleinen Pult aus echter terranischer Eiche und begann ihre Rede zu halten.

»Willkommen an Bord der neuen GTD Intrepid, Rekruten. Ich bin Admiralin Karen Wallace, Oberkommandierende der 5th terranischen Flotte. Sie alle wurden auf in diese Flotte versetzt, weil ihre Ergebnisse auf der Akademie außergewöhnlich gut waren. Jetzt sind sie Teil der Elite der Allianz. Ich erwarte von ihnen das sie der 5th Flotte und damit der gesamten GTVA mit vollster Hingabe dienen. Sie können stolz darauf sein auf einem der berühmtesten Kriegsschiffe der Menschheitsgeschichte dienen zu dürfen. Dieses Privileg erfordert von ihnen ständige Einsatzbereitschaft, Konzentration und Leistung. Vergessen sie niemals: Wir sind die letzte Linie, die einzige Verteidigung, die unsere Heimatwelten besitzen. Wir dürfen niemals versagen! Wir werden niemals versagen! Wegtreten!«

Die Terraner strebten den Aufzügen zu. Zurück blieben nur die Admiralin, Colonel Stevons, ihr Sohn Patrick, ihr Neffe William und Kevin Petrarch. Die Admiralin umarmte ihren Neffen.
»Gut gemacht, Junge. Ich bin froh und stolz das du hier bist. Mach dir keine Sorgen wegen deiner Eltern und Geschwister. Ich werde Frank eine Starmail schicken.«
»Dad ist ziemlich wütend auf dich, Tante Karen.«, sagte William leise.
»Das macht nichts. Wir sind Geschwister. Ich komme damit klar. Wichtig ist nur, das du nun hier bist und Seite an Seite mit Patrick und Kevin in den Krieg ziehen kannst. Wir bauchen gute Piloten wie euch. Ihr seid unsere Zukunft!«

# # #

Das Schott glitt leise hinter Major Lance Vincey zu. Einen Augenblick blieb er reglos in der Dunkelheit stehen. Die Erinnerungen der Vergangenheit fluteten zurück in sein Bewusstsein. Cygnus Prime, das Knossos, der Nebel, Capella, Warner, Doyle, Lisa und Marcos, endlose Heerscharen Shivaner. Endlos viele!
Lance betätigte den Lichtschalter und die Erinnerungen glitten zurück in die hintersten Winkel seines Verstandes, dorthin wo sie ihm nicht mehr weh tun, ihn nicht mehr belasten konnten. Er warf seinen Seesack auf die Koje.
Dies ist nun also die Intrepid, dachte er bei sich. Für ihn war es ein Schiff wie jedes andere. Ein Schiff wie die Carthage, die Aquitaine, die Messana und wie all die anderen Schiffe, auf denen er in den letzten zehn Jahren gedient hatte.
Wie immer hoffte er, das es das letzte Schiff sein möge, auf dem er diente.


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KAPITEL 3

* Beta-Aquilae-System, April 2370

»Na dann zeigen sie uns doch mal was sie so alles draufhaben, sie Held!«, tönte Colonel Stevons Stimme aus dem Intercom.
Major Lance Vincey ließ sich dadurch nicht aus der Ruhe bringen. Er hatte vor zehn Jahren als einfacher Pilot seine Karriere auf der GTD Carthage begonnen. Später war er auf die GTD Aquitaine versetzt und zum Geschwaderführer der 134th Barracudas ernannt worden. Während der Schlacht um Capella hatte er zu den 70th Blue Lions gehört, der absoluten Elite der gesamten alliierten Flotte. Nach Capella hatte Command ihn zum Major befördert und samt den 272nd Suicide Kings auf die GTD Messana versetzt. Im Zuge der Reorganisation der gesamten Flotte war das 272nd aufgelöst und die Piloten auf vier andere Zerstörer versetzt worden.
Zusammen mit Ivonne Midlano, Peter Samsonow und Mathias Volter war er auf die GTD Intrepid versetzt worden. Auf jedem Zerstörer wurden nach dem Willen des Oberkommandos drei Rekruten- und ein Veteranengeschwader eingesetzt. Jedes Geschwader bestand aus vierzig Kampfmaschinen.

Lance hätte beinahe laut gelacht. Die Flotte bestand aus uralten Maschinen, teilweise aus der Zeit des Großen Krieges, die Besatzungen setzten sich aus viel zu alten und viel zu jungen Soldaten zusammen, die alle eins gemeinsam hatten, sie waren viel zu unerfahren. Lisa hatte schon recht, befand Lance, wenn sie auf einen echten Gegner treffen würden, dann wäre es eine kurze Schlacht.

Sechs Kampfdrohnen der Amazon-Klasse warpten ins Übungsgebiet. Die unbemannten Drohnen besaßen keine Schutzschilde und keine Raketenwerfer. Ihre Energiewaffen waren erbärmlich, viel zu schwach um eine ernste Bedrohung darzustellen. Eigentlich waren das keine Gegner für einen fünfunddreißigjährigen Veteranen wie Lance Vincey.
Lance schaltete die Nachbrenner seiner GTF Ulysses zu. Das leichte Scoutschiff wurde von seinen Piloten auch liebevoll Fledermaus genannt. Es war eigentlich genauso veraltet wie die Orion-Klasse, aber man konnte es mit TAG-A Raketen ausrüsten und diese Raketen würde Lance noch benötigen. Erst einmal musste er die sechs Drohnen abschießen.
Keine dreißig Sekunden später war die Aufgabe erledigt. Sechs weitere Drohnen warpten herein und wurden ebenso schnell zerstört. Lance vollführte eine Siegesrolle. Er hatte die zwölf Drohnen in weniger als einhundertachtzig Sekunden abgeschossen. Das war kein Rekord, lag aber dennoch weit unter dem Normalwert für Rekruten.
»Gute Arbeit.«, kam es über Intercom von der Intrepid. »Sie haben die Drohnen abgeschossen. Jetzt markieren sie bitte den Testfrachter A mit den TAG-A Raketen.«

Ein Drohnenfrachter der Amazon-Klasse warpte ganz nahe der Intrepid aus dem Subraum. Die Drohne war ein ausgedienter Frachter der veralteten Chronos-Klasse. Wie die Kampfdrohnen besaß er keine Besatzung, keine Schilde und keine Waffensysteme.
Lance näherte sich dem Schiff langsam. In einer Kampfsituation wäre er nie so geflogen. Prompt kam eine Bemerkung über Intercom von der Intrepid. Diesmal mischte sich die Admiralin ein.
»Mister Vincey. Bitte nehmen sie diese Manöver etwas ernster. Die Besatzung der Intrepid besteht fast nur aus Rekruten und ehemaligen Milizpiloten. Außer den Veteranen des 53rd hat kein Pilot an Bord Kampferfahrung. Ich habe diese Manöver angeordnet um gut vorbereitet in den Einsatz zu gehen. Das sollten sie respektieren. Admiralin Wallace, out.«
Lance nickte.
»Worauf warten wir denn?«, stichelte Colonel Stevon.
Lance feuerte eine TAG-A Rakete auf die Frachter-Drohne ab. Das Geschoss heftete beim Aufschlag auf die Hülle einen winzigen Signalgeber ans Ziel. Alle Photonenstrahlgeschütze, auch kurz Strahlkanonen genannt, waren mit einem automatischen Zielerfassungssystem ausgestattet. Die Kanoniere an Bord der Intrepid brauchten nur auf den Feuer-Button drücken und die Strahlkanonen feuerten automatisch auf alle Ziele mit TAG-Signal.

Tatsächlich feuerte die erste Strahlkanone der GTD Intrepid mehrere Meter über das Ziel hinweg. Immerhin erkannten die Kanoniere den Fehler des Zielcomputers, korrigierten den Schuß und zogen den Photonenstrahl direkt durch das Ziel. Als die Energieladung aufgebraucht war brach der grüne Strahl zusammen, der für einen Moment die Intrepid und ihr Ziel verbunden hatte.
Es war kein guter Treffer gewesen. Zum Glück war die Intrepid mit drei schwenkbaren Strahlkanonen ausgerüstet. Diese Waffen waren weniger effektiv als statische Strahlkanonen, konnten aber noch während des Feuerns bewegt werden.
Kurz darauf feuerte eine statische Strahlkanone. Auch diese Waffen konnten vor dem Feuern im gewissen Winkel auf das Ziel ausgerichtet werden. Aber während des Feuerns konnten sie nicht mehr bewegt werden. Kanoniere solcher Waffen mussten besser Zielen und/oder ihre Zielcomputer besser programmieren als ihre Kollegen an den schwenkbaren Strahlkanonen.
Das taten sie auch.
Der hellgrüne Energiespeer traf die Drohne mittschiffs. Das Testschiff brach in einer beachtlichen Explosion auseinander. Kurz darauf rasselte der Jubel der Kanoniere durch die Comlinks. Die neue GTD Intrepid hatte zum ersten Mal ihre Hauptgeschütze abgefeuert und ihr erstes Ziel vernichtet. Darauf konnte die Crew zu recht stolz sein.
»Ziel zerstört. Gute Arbeit, Mannschaft. Jetzt starten wir Staffel Delta.«, kommentierte die Admiralin die Aktion.

Vier GTF Loki starteten von der Intrepid und nahmen Formation ein. Die Lokis waren leichte Scoutschiffe mit zwei Geschützbänken und einer Raketenlafette. Sie waren schnell, schwer zu orten und relativ leicht zu fliegen. Rekruten kamen damit normalerweise am besten zurecht.
Das galt leider nicht für alle Rekruten. Zwei Piloten verhedderten sich beim Start ineinander, wirbelten unkontrolliert auf die Intrepid zu und prallten mit relativ geringer Wucht auf die Hülle des Zerstörers. Zum Glück für die Piloten retten ihnen die Schutzschilde ihrer Jäger das Leben.

»Gamma Drei und Vier! Sofort zurück zur Intrepid. Aber kommen sie um Himmels Willen langsam rein!«
Der Flugoffizier war wütend. Lance erkannte Mathias Volters Stimme. Sein alter Kamerad von der GTD Messana konnte sehr wütend werden, wenn etwas nicht nach seinen Vorstellungen ablief. Den beiden Bruchpiloten stand eine Standpauke bevor an die sich noch lange erinnern würden.
Wahrscheinlich würde Lisa ebenso wütend reagieren. Die beiden Lokis waren stark beschädigt worden und Ersatzteile waren Dank des großartigen Sol-Knossos-Projektes sehr knapp.

Lance grinste als die restlichen beiden Lokis den inzwischen aufgetauchten zweiten Amazon-Frachter unter Beschuss nahmen. Ihre Subach-HL-7 Energiewerfer und ihre Rockeye-Raketen rissen das Schiff ebenso gründlich auseinander wie die Hauptgeschütze der Intrepid die andere Drohne vor wenigen Minuten.
»Guter Schuss, Ace!«, brüllte William Wallace über Intercom.
»Mein erster Abschuss, Hero!«, schrie Kevin Petrarch zurück. »Aber deine Salven haben ihn weichgeklopft.«
»Yeah! Ich mach sie fertig und du legst sie um, Ace.«
Lance ließ den beiden jungen Piloten ihren Spass. Sie hatten zwar nur ein Übungsziel abgeschossen, aber es war halt ihr erster echter Abschuss überhaupt. Vor mehr als zehn Jahren hatte er selbst auch so angefangen. Daher verstand Lance die überschäumende Freude der beiden jungen Piloten, auch wenn er wusste das dieses Manöver kein Ersatz für echte Kampferfahrung war. Aber die beiden Jungen würden schon noch früh genug in das Maul der Kriegsbestie schauen müssen.
»Zurück zur Intrepid, Delta. Gute Arbeit, Piloten.«, befahl Colonel Stevon.
Colonel Stevon hatten seinen arroganten Tonfall abgelegt. Er klang jetzt ganz wie der Profi der er eigentlich auch war. Die Manöver hatten ihn wahrscheinlich aus der Intrigenwelt der Werften in die Realität des Flugalltages zurück geholt. Das war wahrscheinlich der größte Gewinn dieses Tages.

# # #

Rund sechhunderttausend Kilometer von der GTD Intrepid entfernt achtete der vasudanische Spitzenpilot Hadesian auf eine exakte Zielerfassung. Die alten Bomber der GVB-Osiris Klasse waren berüchtigt für ihre schwachen Zielcomputer. Aber Hadesian war ein Profi, ein Veteran aus tausend Schlachten. Er wusste wie man mit der Osiris umgehen musste.
»Hier ist der imperiale vasudanische Transporter GVT Dunabe. Wir transportieren wertvolle Artefakte aus den Ausgrabungsstätten von Vasuda Prime nach Alliance Prime. Bitte geben sie uns Deckung.«
Hadesians Zielcomputer schaltete sich auf.
»Delta-Eins. Was machen sie da?«, tönte es aus dem Intercom. Die Piloten des Satis hatten endlich gemerkt das er sie anpeilte.
»Mein Zielsystem hat Fehlfunktionen.«, antwortete er ruhig.
»Ihr Zielsystem? Schicken sie uns die Diagnosedaten, Pilot. Wir haben eine Reparatureinheit an Bord und können ihr Problem sicher lösen.«
»Vielen Dank, GVT Dunabe.«, antwortete Hadesian. »Hier kommt es.«
Dann feuerte er die beiden Heliosbomben ab. Die Heliosbombe war der stärkste Torpedo den es im bekannten Universum gab. Er war der Nachfolger der berüchtigten Harbingerbombe. Sein mit Antimaterie angereicherter Sprengkopf reichte aus um jedes Ziel unterhalb eines Kreuzers mit einem einzigen Treffer zu vernichten. Sogar Großkampfschiffe konnte man mit wenigen Heliosbomben zerstören.
»Moment mal? was? he?.«, rief der Pilot des Satis.
Dann schlugen die beiden Helios ein. Sie hatten den Transporter perfekt getroffen. Es war als hätte jemand mit einer Kanone auf einen Spatzen geschossen und getroffen. Die freigesetzte Energie riss das Schiff auseinander. Die Crew des Satis hatte nicht einmal Zeit gehabt einen Notruf abzusetzen.


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KAPITEL 4

* Beta-Aquilae-System, Mai 2370

Drei Stunden nach Mitternacht stand Lance frisch geduscht neben seinem Freund Peter Samsonow in der Flugleitzentrale der GTD Intrepid. Wie alles anderes an Bord des Schiffes war auch diese Zentrale exakt nach den originalen Bauplänen gebaut worden. In diesem Fall war das von Vorteil. Die Schiffe der Orion-Klasse besaßen die beste Flugleitzentrale aller alliierten Zerstörer. Sie war groß genug für zwanzig Offiziere und Techniker, modern ausgestattet und bestens vor Querschlägern geschützt.

Der vergangene Monat hatte gezeigt das die Crew der Intrepid und im Grund alle Besatzungen aller Schiffe der 5th Flotte viel mehr Training und Ausbildung benötigten als sie ursprünglich gedacht hatten. Von den Kadetten waren nur William, Kevin, Nathan und Ryder soweit das man sie als Kampfpiloten bezeichnen konnte. Von den Miliz- und ehemaligen NTF-Piloten waren sogar nur Patrick und Saul gut genug um den niedrigsten Ansprüchen an einen Piloten zu genügen.

Die Manöver des letzten Monats hatten eigentlich nur gezeigt wie schlimm es um die 5th Flotte stand. Es fehte an Jägern und Bombern, an Geschützen und Raketen, an Ersatzteilen und sogar an Deuteriumtreibstoff. Die Kanoniere der Großkampfschiffe hatten eine Trefferquote von sage und schreibe elf Prozent erreicht. Und auch das nur, weil die GTCv Warspite und deren kampferfahrene Crew zum Verband zählten.
Die GTD Lexington, der zweite Zerstörer des Verbandes, operierte nur mit zwanzig Jägern und Bombern, allesamt uralte Modelle die öfters ausfielen als abheben konnten. Der Zerstörer selbst war ein fast antikes Museumsstück, ohne Strahlkanonen und Flak, ohne moderne Sensorsysteme und sogar ohne Radaranlage, die abgebaut und für die Reparatur eines andern Schiffes verwendet worden war.
Die beiden Aeolus-Kreuzer der 5th Flotte waren mit schadhaften Reaktoren ausgeliefert worden. Erstens konnte man sie nur zu achtzig Prozent belasten und zweitens bestand für die Crew des Maschinenraums Verstrahlungsgefahr. Das hatte dazu geführt das die Maschinen nun von den Kommandobrücken der jeweiligen Schiffe aus gesteuert wurden.
Immerhin waren die Versorgungsschiffe der 5th Flotte, jeweils drei Transporter, Gasminer und Frachter, moderne Schiffe. Die Besatzungen dieser Schiffe waren jedoch Zivilisten. Die alliierte Flotte besaß einfach nicht mehr genug Mannschaften um alle ihre Schiffe zu bemannen. Daher hatte das Oberkommando beschlossen Zivilisten anzuheuern und auf den Versorgungsschiffen einzusetzen.

# # #

»Mathias Volter hat mit seinen Kücken mehr Probleme als wir mit den Jagdpiloten.«, sagte Peter Samsonow und riss Lance aus seinen Gedanken.
Der Hauptbildschirm, der einen Durchmesser von drei Metern besaß, zeigte eine Bomberstaffel beim Manöver. Die leichten Bomber der GTB Zeus Klasse flogen klassische Angriffsmanöver. Ein Pilot schaffte es nicht seine Cyclops-Bomben aufs Ziel zuschalten. Sein Gejammer dröhnte über die Comlinks.
Ein anderer Pilot, Lance erkannte Williams Stimme, machte ein paar flache Witze. Er wollte wohl cool sein, aber auf die Veteranen in der Flugleitzentrale machte er eher den Eindruck eines grünen Jungen, der nicht wusste wie Krieg funktionierte.
»Na ja, was solls? Das 53rd war schon immer ein reines Jagdgeschwader. Jetzt haben wir drei Staffeln Bomber dabei. Was hat sich Command dabei gedacht?«, fragte Peter Samsonow.
Die Frage war natürlich rhetorisch gemeint. Das Oberkommando, meistens kurz Command genannt, erläuterte seine Entscheidungen normalerweise nicht. Vielleicht glaubten die Admiräle das gemischte Geschwader effektiver wären als reine Jäger- bzw. Bombergeschwader. Wahrscheinlich war das auch so, doch die Piloten wollten die neusten Jäger fliegen und nicht in schwerfälligen Bombern herumschippern.
»Ah, jetzt hat es William geschafft. Der Junge lernt wirklich schnell. Sehr beachtlich.«
Lance, Mathias, Saul und Peter sahen mit an wie William eine Salve Cyclops aufs Ziel abfeuerte. Ein Gefechtskopf flog weit am Ziel vorbei, der andere traf die Drohne voll. Da die Bomben auch nur Attrappen waren blieb eine Explosion aus. In einem echten Kampf wäre der Frachter jetzt erledigt gewesen.

»Sein erster Abschuss als Bomberpilot. Für den Anfang ganz gut.«, kommentierte Peter die Aktion. »Jetzt muss er sich nicht mehr vor Ace verstecken.«
Ivonne Midlano, eine zierliche blonde Frau, trat zu ihnen. Sie begutachtete das Treffermuster und verzog ihr Gesicht.
»Für den Anfang?«, maulte Ivonne. »Der Anfang war vor mehr als fünfzig Jahren, als wir anfingen gegen die Vasudaner Krieg zu führen. Jetzt pfeifen wir auf dem letzten Loch! Nur noch alte Jäger, alte Zerstörer, alte Piloten, bis auf die ganz jungen Piloten die ob ihres niedrigen Ausbildungsstandes auch nie alt werden.«
»Ja, ja, schon gut . Lass es gut sein.«, beruhigte Saul Harcourt die junge Frau. Der ehemalige NTF-Pilot blickte auf den Schirm. William Wallace, sein ehemaliger Kadett, machte sich wirklich gut. Jetzt musste er nur noch ein richtiger Soldat werden.

# # #

William Wallace drehte seinen Zeusbomber bei. Er hatte seinen ersten Abschuss erzielt und er war unglaublich stolz darauf. Sein erster Abschuss! Ma und Pa würden begeistert sein und endlich einsehen das er das Richtige tat. Patrick würde begeistert sein, Kevin würde begeistert sein. Die alten Veteranen auf der Intrepid und der Lexington würden begeistert sein, vor allem sein alter Fluglehrer Saul Harcourt. William trat die Schubpedale durch.
»Fähnrich? Was machen sie da?«, fragte sein Copilot.
»Kennst du die Frachterpiloten von Veghan?«, fragte William zurück. »Kennst du das Epos "Die Sternenkrieger von Vega"?«
»Äh... nein?«
»Dann pass gut auf.«
William aktivierte die Nachbrenner des GVB Zeus. Der leichte Bomber schoss auf den Hangar zu. Die Frachterpiloten von Veghan legten auch jedesmal eine spektakuläre Landung hin. Sie gingen volles Risiko und verdienten sich so den Respekt ihrer Kameraden. Dies taten sie seit den Zeiten des legendären Tycho Brahe, des Helden von Vega.
William hatte schon auf der Akademie die spektakulärsten Flugmanöver geübt und seine Vorgesetzten, allen voran Ausbilder Saul Harcourt, zur Verzweiflung getrieben. Doch er hatte seine Maschinen immer heil zurück gebracht.
Die Hangarbucht kam rasend schnell näher. William grinste. Das würde die spektakulärste Landung aller Zeiten werden. Und dann würde ihn auch dieser arrogante und seltsam distanzierte Geschwaderführer Lance Vincey akzeptieren müssen. William sonnte sich im Glanz dieser Vorstellung. Er würde der beste Pilot aller Zeiten sein.

»ABDREHEN! ABDREHEN! ABDREHEN!«, brüllte einer der Fluglotsen in das Intercom. »SOFORT ABDREHEN! GAMMA DREI?.«
William lächelte als er die panische Stimme des Lotsen hörte. Die Anziehungskraft würde ihn von der Hangerwand nach unten wegziehen, direkt zum Flugfeld hin. William schaltete die Bremstriebwerke ab. Die Hangarwand kam rasend schnell näher. Im freien Weltraum gab es nun einmal keine Anziehungskräfte. William hatte kaum Zeit seinen Fehler zu registrieren, als der leichte Bomber auch schon aufschlug.
Der Bug des Zeusbombers scherte am Hangartor knapp vor dem Cockpit ab. Die Maschine driftete weiter, schlug mit voller Wucht gegen die gegenüberliegende Hangarwand, schleifte funkensprühend daran entlang und flog quer durch das Schutzschild am Hangartor. Der verstümmelte Bomber zog einen wahren Funkenregen hinter sich her.
Das Heck schlug zuerst auf, der Zeus hüpfte wie ein Ball über den Hangarboden und schlug erst gegen die Decke, dann auf den Boden, prallte ab und schlug erneut gegen die Decke und dann wieder auf den Boden.

Ein Feuerball verschlang das Wrack bevor die Rettungskräfte es erreichen konnten. Die Druckwelle der Explosion fegte durch den Hangar und beschädigte weitere Maschinen, holte die Rettungskräfte von den Beinen und sandte einen Schauer von Trümmerstücken durch den Hangar.
»abdrehen...«, flüsterte der Fluglotse schockiert.


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KAPITEL 5

* Sirius-System, Juni 2370

Sirius, Heimat der Gasminer-Flotte der Allianz. Hier in diesem System gab es kleinere Gasfelder, acht ergiebige Gasriesen und zahllose gashaltige Asteroiden, Kometen und anderweitige Brocken. Fast fünfzig Prozent des Deuteriums für die Fusionsreaktoren der Raumschiffe wurde in diesem System gewonnen.
Das System war während der letzten fünfzig Jahre immer wieder Kriegsschauplatz gewesen, zuletzt während der NTF-Rebellion. Zahllose Wracks zerstörter terranischer, vasudanischer und sogar ein paar shivanischer Schiffe trieben noch immer im System umher. Nach und nach wurden diese Wracks von Schrotthändlern eingesammelt und zu Wiederverwertungsstationen im Asteroidengürtel des Systems gebracht. Doch in Sirius gab es durchaus gewinnbringendere Jobs als Schrotthandel und so würden viele Trümmer wohl noch einmal fünfzig Jahre umhertreiben.

Das System selbst wurde von einer gigantischen roten Sonne beherrscht. Einige andere Sonnen und große Gasriesen umkreisten den Giganten, neben dem jede andere Sonne winzig erschien. Admiralin Karen Wallace betrachtete die riesige, rote Sonne von der Brücke der neuen GTD Intrepid aus. Das System wurde von Piratenbanden des Warlords Michael Calas heimgesucht. Command bezeichnete Calas' Coup als Zweite Rebellion. Die fünfte terranische Flotte sollte diese Rebellion beenden. Das war an und für sich eine leichte Aufgabe. Die Admiralin wünschte sich nur das ihr Neffe in der Stunde des Triumphes bei ihr sein könnte.
William war nun seit gut drei Wochen tot. Sein völlig verkohlter Leichnam war in allen Ehren auf Alliance Prime bestattet worden. Die Umstände seines Todes wurden geheim gehalten. Offiziell war er im Kampf gegen versprengte Piratenbanden gefallen. Als Held natürlich. Die Medien der Allianz hatten tagelang über seinen angeblichen Heldentod berichtet. Er war ein Wallace gewesen, ein Mitglied der berühmten und legendären Heldenfamilie.
Die Admiralin hatte ihrem Bruder drei Starmails geschickt, die alle unbewantwortet geblieben waren. Sie konnte es ihrem Bruder nicht verdenken, das er nicht mehr mit ihr sprach. Seit Antares, seit Operation Thresher vor fast vierzig Jahren, war ihr Verhältnis angespannt. Er war damals zum Krüppel geschossen worden, sie hingegen hatte eine Bilderbuchkarriere hingelegt. Sie war nun die Heldin der Familie und Frank der große Verlierer.

# # #

Auf dem Flugdeck der Intrepid hatte niemand Zeit sich das wunderschöne Panorama anzusehen oder sich großartig Gedanken um den Tod eines Fähnrichs zu machen. Die 5th terranische Flotte war von Beta-Aquilae über Vega und Deneb nach Sirius geflogen. Jetzt stand sie vor ihrem ersten echten Kampfeinsatz.

Mit der Fernbedienung schaltete Lisa Rocket durch die Liste der verfügbaren Waffensysteme für den GTF Ulysses Der Monitor zeigte in einem kleinen Fenster ein Bild des Waffensystems und spulte dazu eine Unmenge an technischen Daten ab.
Major Lance Vincey entschied sich für zwei Prometheus-S Geschütze, kombiniert mit zwei Subach-HL-7 Lasern und Harpoon-Raketen. Diese Bewaffnung ähnelte der Standardbewaffnung, mit der Lance sehr gut zurecht kam. Die Prometheus-S waren allerdings leistungsstärker als die neueren Prometheus-R, die dafür billiger und einfacher herzustellen waren. Harpoon-Raketen waren zielsuchende Waffen, die fast alle Piloten ganz gerne benutzen. Sie waren sowohl gegen Jäger wie auch gegen Scouts und Bomber effektiv.
»Alles klar!«, schrie Lisa Rocket und schlug auf die Cockpithaube des Ulysses.
Der Greifarm hob Lance Kampfmaschine hoch und setzte ihn sanft auf der Abschlussrampe ab. In den letzten Wochen hatten die Techniker der neuen GTD Intrepid die vielen kleineren technischen Probleme in den Griff bekommen. Lisa war dafür von der Admiralin gelobt worden.

Alpha-Eins wurde über den Startbahn in den freien Raum katapultiert. Sorgfältig achtete Lance darauf alle Subsysteme nochmals zu überprüfen. Er fand keine Fehlfunktionen. Die Bodencrew war definitiv besser geworden. Lisa hatte sie ziemlich auf Trapp gebracht.
»Alpha, wir haben Banditen auf den Scannern. Zwei Stück. Sie bewegen sich in Richtung des Asteroidenfeldes.«
»Verstanden.«, antwortete Ivonne Midlano, die Alpha-Drei flog. Alpha-Zwo wurde wie gewohnt von Peter Samsonow gesteuert. Auf dieser Patrouille blieb Alpha-Vier an Bord der Intrepid zurück. Drei Kampfschiffe der Ulysses-Klasse waren mehr als ausreichend um die nähere Umgebung zu erkunden.

Lance hatte sechs weitere Staffeln zu Patrouillenflügen starten lassen. Für die unerfahrenen Rekruten, die alten Milizpiloten und auch die ehemaligen Rebellen war es eine ganz gute Übung. Zur Sicherheit hatte er jeder zweiten Staffel einen Veteranen vom 53rd zugeteilt. Die Staffeln waren mit alten Lokis ausgerüstet, die für diese Missionen jedoch bestens geeignet waren. Patrick Wallace, Saul Harcourt und Mathias Volter führten diese Staffeln an.
Für Patrick war es auch eine willkommene Abwechslung, die ihn von seinem toten Cousin ablenkte. Für Lances Geschmack machte er sich zu viele Gedanken darum. William war wie ein Idiot geflogen und wie ein Idiot gestorben, jedenfalls nach Lances Meinung.

Die drei GTF Ulysses aktivierten ihre Intrasystem-Subraumtriebwerke und sprangen an die Position der feindlichen oder auch nur fremden Maschinen. Es konnte sich immerhin um Schmuggler oder sogar um Idioten, die ihre IFF-Sender nicht aktiviert hatten, handeln. Auch ein technischer Defekt war wie immer denkbar.
Insgesamt war das Sirius-System seit der NTF-Rebellion ein recht unsicheres System. Die Militäraktionen der letzten drei Monaten hatten daran nicht viel geändert. Warlord Michael Calas schickte immer wieder Schiffe in das System, die dann alliierte Stellungen angriffen. Er versuchte ernsthaft das System unter seine Kontrolle zu bringen.

»Jäger! Jäger! Jäger!«, brüllte Peter ins Intercom. »Athenas und Apollos, ich zähle elf. Sie kommen direkt auf uns zu. Feindliche Signatur!«
Die feindlichen Maschinen eröffneten das Feuer. Sie besaßen nur alte Flail- und noch ältere Avenger-Geschütze. Die Avenger waren schon über fünfunddreißig Jahre alt, die Flail nicht viel jünger. Anscheinend waren ihre Raketenlafetten leer oder defekt. Jedenfalls feuerten die gegnerischen Jäger nur ihre Bordkanonen ab.
Lance Maschine wurde von einigen Treffern durchgeschüttelt. Er aktivierte die Nachbrenner und raste den Gegnern entgegen. Zwei Salven aus Energiegeschossen und Raketen erledigten einen der alten Athenas. Auch Peter und Ivonne erzielte je einen Abschuss.
»Hier Beast! Sie hauen ab.«, murrte Ivonne über Intercom.
»Hier Bear! Verfolgen wir sie?«
»Wartet.«, sagte Lance und scannte nochmals die Region. »Vielleicht haben sie hier ein Depot oder so etwas.«

Peter "Bear" Samsonow und Ivonne "Beast" Midlano ließen sich nicht aufhalten. Sie rasten den Piraten hinterher. Kurz darauf schnappte die Falle zu. Gut zehn Sperrgeschütze der Watchdog-Klasse eröffneten das Feuer auf die beiden Perseus.
Die Watchdogs waren mit alten Flail-Geschützen bestückt. Diese Waffen feuerten eine Art Projektilgeschosse ab, die beim Aufprall eine relativ große kinetische Energie freisetzten. Einfach ausgedrückt hatten sie die Fähigkeit einen Jäger oder Bomber regelrecht wegzustoßen. Die meisten Piloten hassten diese Waffen, da sie es dem Piloten schwer machten gezielt zurück zu schießen.
»Mist!«, kommentierte Peter die Situation.
»Das ist für das Freie Sirius!«, brüllte einer der Piraten über Intercom.
Lance feuerte nacheinander drei Harpoon-Raketen auf drei Sperrgeschütze ab und zerstörte sie damit. Aber das half nicht viel. Die feindlichen Jäger kamen jetzt zurück und griffen in den Kampf ein. Ihre Salven trafen vor allem Ivonnes Maschine. Der Jäger bockte und brach unter den Energiestößen auseinander.
Wie auf Befehl brachen die Piraten danach das Gefecht ab und flohen tiefer ins Asteroidenfeld. Peter und Lance blieben zurück um die restlichen Sperrgeschütze, die jetzt keine Energie mehr besaßen, abzuschießen.
Wortlos warteten die beiden Piloten bis ein Transporter der Elysium-Klasse kam und die Rettungskapsel mit Ivonne an Bord auflas. Die Besatzung des Rettungstranporters meldete das Ivonne soweit in Ordnung sein, sich allerdings eine leichte Gehirnerschütterung zugezogen habe. Der Rückweg zur Intrepid verlief ohne weitere Zwischenfälle.


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KAPITEL 6

* Sirius-System, Juni 2370

»Command an Beta-Staffel.«
»Hier Beta.«
»Wir haben möglicherweise eine Ulysses verloren. Überprüfen sie den Sektor und zerstören sie alle feindlichen Schiffe. Wir übermitteln die Koordinaten in ihren Nav-Subsystem. Viel Glück.«
Die vier Jäger der GTF-Loki Klasse sprangen umgehend in den Subraum um die rund dreihunderttausend Kilometer bis zum Zielgebiet schnell zu überbrücken. Intrasystemsprünge waren nicht weiter schwierig. Wirklich kompliziert waren Subraumsprünge zwischen Sonnensystemen. Das ging nur mittels Subraumknoten, die eine Art Subraumtunnel zwischen zwei Sonnensystemen erzeugten.
Mit Hilfe des Subraumantriebes konnte ein Raumschiff in diese Tunnel springen und dann im Zielsystem wieder aus dem Subraum austreten. Ein solcher Sprung verbrauchte Unmengen an Energie und konnte nur von Großkampfschiffen und einigen größeren Frachtern gefahrlos durchgeführt werden.
Es gab auch Jäger-Prototypen, die dies ebenfalls konnten. Doch diese Jäger waren auch anfällig für Energieüberlastung und Energieausfälle. Meistens flogen die Agenten vom Geheimdienst, vom GTVN, solche Maschinen. Darüber waren die normalen Flottenpiloten nicht unglücklich. Niemand wollte an einen Fusionsreaktor gefesselt werden der jeden Moment hochgehen konnte.

».haben...eren...Schaden...wiederho...«
Kevin Petrarch reagierte als Erster auf den Notruf des Frachters. Das Schiff wurde von zehn oder zwölf feindlichen Jägern angegriffen. Noch bevor Kevin antworten konnte brach er auseinander. Eine Explosion vor dem endlosen Sternenmeer. Achtzig oder mehr Menschen waren soeben umgekommen.

Einige der Sterne kamen schnell näher. Es handelte sich um Jäger der Valkyrie-Klasse. Alte Maschinen, schlecht gewartet und schwach bewaffnet. Piraten flogen sie wegen ihrer hohen Geschwindigkeit dennoch gern.
»Standardformation!«, befahl Kevin seiner Staffel. »Beta-Eins an Gamma. Kommen sie sofort in diesen Sektor.«
Die Bestätigungen seiner Befehle erschienen auf der Konsole und gleichzeitig hörte er die Stimmen seiner Kameraden. Für sie alle war es der erste echte Kampfeinsatz. Sie alle wollten zeigen das sie es den arroganten Veteranen vom 53rd gleichtun konnten. Die jungen Piloten waren immer noch wütend über den ihrer Meinung nach vermeidbaren Tod von William. Jetzt wollten sie kämpfen und sich beweisen.
»Bestätigter Abschuss!«, rief Beta-Drei.
Der Pilot hatte zehn zielsuchende Rockeye-Raketen abgefeuert und eine frontal auf ihn zurasende Valkyrie pulverisiert. Kevin grinste und feuerte acht Hornet-Schwarmraketen ab. Die Raketen hefteten sich an das Heck einer Valkyrie und zerstörten das Ziel umgehend. Kurz darauf erzielte Beta-Zwei mit seinen Subach-HL-7 und Prometheus-R Geschützen einen Volltreffer. Die dritte Valkyrie explodierte.

»Hier ist Gamma. Patrick Wallace hier. Wie sieht es bei ihnen aus?«
»Freier Angriffsmodus, Gamma. Schalten sie alle feindlichen Ziele aus.«, befahl Kevin.
Die vier Lokis von Gamma schwärmten aus und schnappten sich nach und nach drei weitere Valykrie. Auch Beta erzielte drei weitere Abschüsse. Kevin erledigte die letzte Valkyrie. Dann waren da nur noch Wrackteile und die alliierten Jäger.
»Das war´s wohl?«
Patrick hatte sich geirrt. Zwölf alte Apollos warpten ins Zielgebiet und wurden sofort von den alliierten Piloten in Kämpfe verwickelt. Die veralteten Piratenjäger waren ihnen ohnehin weit unterlegen.
Erstaunlich an diesem Angriff war das er überhaupt stattfand. Entweder warendie Piraten von sich selbst zu sehr überzeugt oder sie versuchten die Alliierten von irgendetwas fernzuhalten. Ohne eigene Verluste zerstörten Beta und Gamma beide feindlichen Staffeln. Kevin erzielte noch drei Abschlüsse.
»So.«, meinte Patrick Wallace erleichtert. »JETZT ist es zu Ende.«

Kevin gestattete sich ein fieses Grinsen. Sie hatten die Piraten auseinander genommen, die die drei Veteranen hereingelegt hatten. Das war ein gutes Gefühl. Es war für Kevin auch die Bestätigung seiner Ansichten. Die Capella-Veteranen waren nichts weiter als Feiglinge. Besonders diesen Lance Vincey konnte Kevin nicht leiden. Eines Tages würde er es diesem arroganten Kerl so richtig zeigen und den Tod seines Freundes William rächen.
»Noch ist es nicht zu Ende.«, widersprach Kevin.
Ohne seinen Flügelmännern mehr zu sagen führte er sie tiefer ins Asteroidenfeld. Er hatte einen roten Blinkpunkt auf seinem Radar. Der Zielcomputer konnte kein Ziel erfassen aber es war klar, das dies nur die Basis der Piraten sein konnte.

# # #

Nach zwei Stunden Suche hatten sie die Basis gefunden. Gamma-Vier flog direkt in das Abwehrfeuer der AA-Waffen der kleinen Asteroidenbasis. Schwer beschädigt zog sich der GTF Loki zurück. Auch Beta-Zwo wurde von einem Strahl eines AA-Geschützes getroffen. Diese Waffen waren sehr leichte Varianten der schweren Strahlgeschütze. Sie waren im Kampf gegen Jäger und Bomber sehr effektiv.
»Nehmt euch die Waffensysteme der Basis vor!«, befahl Kevin seinen Piloten.
Die alliierten Piloten erledigte nach und nach die Geschütztürme der Basis. Dabei wurde Beta-Vier durch eine Serie recht unglücklicher Volltreffer zerstört. Der Pilot starb in seiner Maschine. Kevin hielt einen Wutschrei zurück und schickte seine letzten Raketen gegen die Piratenbasis. Sie richteten nur oberflächlichen Schaden an.
»Wir kämpfen und wir sterben für das Freie Sirius!«, brüllte einer der Kanoniere der Basis über Intercom.

Nach zehn Minuten war die Basis vollkommen entwaffnet. Inzwischen waren auch drei Transporter der Elysium-Klasse und eine Staffel Medusa-Bomber eingetroffen. Die betagten Medusas mussten nicht mehr eingreifen. Offensichtlich in Panik brüllten die Piraten ihre Kapitulation über alle verfügbaren Comlinks.
Sie wollten wohl doch nicht für das Freie Sirius sterben.
Als der erste Transporter andocke wusste Kevin das sie die Basis erobern würden. Es gab wenig was einem Sturmangriff der Marines widerstehen konnte. Die Piraten hatten sicherlich keine effektiven Waffen zu ihrer Verteidigung. Zudem war ihr Kampfgeist bereits gebrochen.

Fünfzehn Minuten später ertönte das Siegessignal und das Bild von Major Robert Winslow erschien auf dem Monitor von Kevins Intercom. Der Marine grinste von einem Ohr bis zum anderen.
»Kommandodeck gesichert, Maschinenraum gesichert, Flugdeck gesichert. Leichte feindliche Verluste, keine eigenen Verluste. Wir haben diese lausige Basis eingenommen.«
Kevin grinste zurück. Er wusste das dieser Einsatz sein erster echter Sieg war. Er hatte seine Feuertaufe bestanden und gleichzeitig die alten Veteranen übertrumpft. Wenn der Dienstplan es zuließ würde er auf der Intrepid eine Siegesfeier für seine Leute veranstalten.
»Delta-Eins an Einsatzgruppe. Einsatz beendet. Gute Arbeit. Kehren sie zur GTD Intrepid zurück.«, sagte Patrick Wallace via Intercom.


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KAPITEL 7

* Sirius-System, Juni 2370

Laut hämmerte die Musik aus den Boxen im Erholungsbereich der GTD Intrepid. Die Piloten des 101st Geschwaders ließen Leutnant Kevin Petrarch und Leutnant Patrick Wallace hochleben. Nach und nach schlossen sich den Feiernden auch Piloten der beiden anderen neuen Geschwader, des 102nd und 103rd, an.
Die Veteranen der 53rd Hammerheads saßen dagegen reichlich verstimmt in der hintersten Ecke der Bar und tranken missmutig ihren Kaffee.
»Seht sie euch an!«, sagte Mathias Volter schließlich. »Können keinen Bomber geradeaus fliegen aber feiern als hätten sie einen Krieg gewonnen. Sogar Patrick macht da mit. Das hätte ich nie von ihm gedacht.«
»Ach lass sie doch.«, warf Peter Samsonow ein. »Sie werden es noch lernen.«
»Gar nichts lernen die. Immer nur Simulator und dann eine lausige Piratenbasis. Oh Mann, die Piraten hatten nur drei alte AA-Geschütze. Trotzdem hat dieser Held einen Frachter und einen Loki verloren sowie einige Schiffe schwer beschädigt nach Hause gebracht.«
»Ist schon gut. Wir haben ja auch eine Ulysses verloren.«
»Gar nichts ist gut!«
Mathias war kurz davor auszurasten. Eine zarte Hand näherte sich seiner Schulter und drückte ihn behutsam zurück auf seinen Stuhl. Wenn Mathias in aggressiver Stimmung war konnte ihn nur Lisa beruhigen. Das war schon auf der Akademie so gewesen und hatte sich seitdem nicht geändert.
»Immerhin bin ich auch abgeschossen worden.«, sagte Ivonne und setzte sich neben Mathias. Lisa stellte ein Tablett mit sechs vollen Kaffeetassen auf den Tisch.
»Um was geht's hier eigentlich, Mathias?«
»Ach? Ach was soll es? Die Jungen kämpfen zu schlecht und feiern zu ausgelassen. So wird das nichts werden.«
Lance, der noch nichts gesagt hatte, lugte um Peters massige Gestalt herum und besah sich die Szene. Kevin zog eine große Show ab. Er ruderte und wedelte mit den Armen und gestikulierte wild umher. Offensichtlich erklärte er den Rekruten gerade wie er die Basis entwaffnet hatte. Einige der Rekruten schienen ihn geradezu zu vergöttern. Immerhin war er der Sohn des berühmtesten Admirals der Weltgeschichte. Das allein gab ihm einen großen Bonus.
»Achtung! Stevon!«, sagte Peter gerade laut genug das ihn seine Freunde verstehen konnten.
Colonel Alexios Stevon marschierte in den Erholungsbereich. Er nickte den Veteranen kurz zu und gesellte sich dann zu den feiernden Piloten. Anscheinend hatte er gute Nachrichten für Kevin und Patrick, denn kurz darauf erschallten einige Hochrufe.

»Möchte wissen was da vor sich geht.«, murmelte Lisa.
»Ah? ah? ah!«
Peter zog die Frau zu sich heran und drückte sie dann zurück auf den Sitz. Lisa sah ihn verwundert an, wehrte sich aber nicht.
»Schön hier geblieben, Lisa. Wir haben schon genug Ärger. Dieser Tag gehört den Rekruten, Patrick und Kevin. Immer dran denken, wir stehen alle auf derselben Seite. Also lassen wir uns weder provozieren noch ablenken. Schon bald werden wir echten Gegnern gegenüberstehen und dann müssen wir dafür sorgen das diese Küken samt Oberküken am Leben bleiben.«
»Ist hier noch frei?«
Die sechs Veteranen sahen Major Robert Winslow nichtssagend an. Lance deutete auf den letzten freien Stuhl, der von Ivonne´s Beinen besetzt war. Die Pilotin zog ihre Beine ein und gab den Stuhl somit frei. Zufrieden setzte sich Robert.
»Die Küken feiern ja ganz doll.«, meinte er.
»Wir sind gerade überein gekommen das wir sie tolerieren werden.«
Robert sah Peter eine Weile an und überdachte diese Aussage. Als Marine tolerierte er eigentlich niemanden, ausgenommen erfahrene Piloten bzw. Soldaten. Andererseits standen sie ja alle auf derselben Seite. Rein rechtlich gesehen zumindest. Moralisch mochte es den einen oder anderen Graben zwischen Veteranen und Rekruten geben.
»Ooo-Key.«, antwortete Robert gedehnt.

»MORO ist im Vidcom!«, rief jemand.
Die Rekruten sprangen auf und rannten zum großen Wandschirm. Filmstar James Moro grinste sie an. Die Serie "Sternenkrieger von Vega" flimmerte über den Vidschirm. James Moro spielte Tycho Brahe, den Helden von Vega.
»Och nö, nicht schon wieder diese Serie!«, stöhnte Robert Winslow.

# # #

Ivonne Midlano nippe leicht an ihrer Tasse Kaffee. Auf Raumschiffen gab es keinen Tag/Nacht-Rhythmus, aber Ivonne und Lance waren nun seit gut vierzehn Stunden auf. Ivonne spürte die Müdigkeit.
»Was für eine Siegesfeier!«, sagte sie und gähnte leise. »Für die Moral der Rekruten war es sicher gut, nur werden sie sich jetzt überschätzen und den nächsten Fehler begehen. Wir werden wohl mehr als einen William bekommen.«
Ivonne spielte auf William Wallace an. Lance wollte nicht mehr an ihn denken. An Bord der Intrepid befanden sich fünfhundert Piloten, Copiloten, Funker und Bordschützen. William war nur einer von ihnen gewesen.
»Denkst du manchmal an Avalon?«, fragte Lance.
Er lang rücklings auf seinem Feldbett. Ivonne nickte leicht ohne zu antworten. Avalon war ein marsähnlicher Planet, größer und massereicher als der Mars, mit relativ dichter Atmosphäre und flüssigem Oberflächenwasser. Diese Welt war der erdähnlichste Planet den die Menschheit jemals gefunden hatte.
Alle andere von Menschen bewohnte Planeten waren entweder Eiswüsten wie SR-5 oder Kraterwelten wie Laramis-II oder bestenfalls verödete Welten wie Cygnus Prime. Wieder andere Welten waren so schwer verwüstet worden, das dort niemand mehr leben konnte. Ribos-IV war so ein Beispiel. Vasuda Prime und Altair-IV hatten sogar ihren komplette Biosphäre verloren und waren nun wirklich und wahrhaftig tote Welten.
Die meisten Menschen, und auch die meisten Vasudaner, lebten eng zusammengezwängt in unterirdischen Höhlenstädten, in Kuppelstädten oder Raumbasen. Die Nahrung wurde entweder gleich künstlich in gigantischen Chemielaboren hergestellt oder als Monokulturen in ebenso gigantischen Habitaten angebaut.
Der technische und finanzielle Aufwand, all diese hoffnungslos veralteten und überbevölkerten Kolonien zu erhalten, überstieg beinahe die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Allianz.

Eine Ausnahme war nur Capella Prime gewesen, eine erdähnliche Welt voller Leben, ein wahrer Garten Eden. Capella war nicht nur wegen seiner Werften und seiner Industrie wichtig gewesen, nein, vor allem war Capella wegen seiner landwirtschaftlichen Erzeugnisse wichtig gewesen. Doch die Shivaner hatten mittels einer gigantischen Subraumverzerrung die Sonne Capella in eine Supernova verwandelt. Der Garten Eden war samt der Werften und vielen Menschen eingeäschert worden.

»Ja.«, bestätigte Ivonne schließlich. »Ich erinnere mich gut an Avalon. An unsere alte Schulklasse. An Marcos, Warner, Lisa und Doyle.«
Lance sagte nichts.
Marcos, Warner, und Doyle waren zusammen mit Capella gestorben, Lisa schwer verbrannt worden.
Lance blickte zur Zimmerdecke empor.
Capella war dort oben.
Irgendwo dort oben, Lichtjahre entfernt. Aber die Erinnerungen blieben.

Ivonne klappe das Notebook auf.
»Die letzten Ergebnisse der Simulatortests liegen vor.«, sagte sie.
»Ich komme.«, antwortete Lance und erhob sich.
Capella war Vergangenheit. Avalon war Vergangenheit. Er musste sich um vier Geschwader kümmern. Das bedeutete er musste versuchen all diese Rekruten, Milizpiloten und Anfänger am Leben zu erhalten.

# # #

Im Einsatzbesprechungsraum blickte das strenge Gesicht von Grossadmiral Erikson vom großen Vidschirm auf Admiralin Wallace herab. Der Oberbefehlshaber aller alliierten Streitkräfte lächelte leicht.
»Sie haben gute Arbeit geleistet, Karen. Wirklich sehr gute Arbeit. Wie sie sicher wissen, waren viele Admiräle gegen ihre Ernennung zur Oberkommandierenden der 5th Flotte. Sie sagten eine ehemalige Frachterkapitänin habe auf einem Kriegsschiff nichts zu suchen. Aber jetzt haben sie es allen gezeigt. Die Kritiker sind verstummt.«
»Vielen Dank, Grossadmiral.«, antwortete die Admiralin.
»Nichts zu danken, Karen. Wir brauchen fähiges Personal sehr dringend und sie sind fähig. Sie werden es weit bringen.«
Grossadmiral Erikson hüstelte.
»Eine Gruppe Vasudaner wird in einige Stunden ihre Flotte erreichen. Offiziell sind es Austauschoffiziere. Tatsächlich aber ist es ein Team Wissenschaftler. Diese Leute haben direkt mit ihrer derzeitigen Mission zu tun. Weitere Befehle erhalten sie über einen sicheren Kanal.«
Der Grossadmiral zögerte.
»Ich möchte ihnen noch mein Beileid für den Tod ihres Neffen aussprechen. Sein Tod hat uns alle tief getroffen.«

# # #

Zwei Standardtage später betrachtete ein hochgewachsener, aber sehr alter Vasudaner vom Observationsdeck der GTD Intrepid aus die sich sammelnde Flotte. Zwei Zerstörer der Orion-Klasse, eine Korvette der Deimos-Klasse, zwei Kreuzer der Aeolus-Klasse und ein Kreuzer der Mentu-Klasse formierten sich zum Sprung nach Regulus.
Hinter ihnen blieben je drei Argo-Transporter, drei Gasminer und drei Triton-Frachter zurück. Sie wurden von einem uralten Kreuzer der Fenris-Klasse eskortiert. Ein paar Prototypen-Jäger mit eigenen Intersystemsprungantrieben begleiteten die größeren Schiffe wie winzige Pilotfischchen einen gigantischen Leviathan in den Ozeanen von Aldebaran-II.

Der alte Vasudaner gehörte zum Wissenschaftsteam, das als Austauschoffiziere getarnt an Bord der GTD Intrepid gekommen war. Sie bewohnten nun einen abgeschirmten Bereich tief im Herzen des Trägerschiffes. Ihre Labors, ihre Forschungseinrichtungen und ihre Analysegeräte befanden sich vollzählig an Ort und Stelle.
Ein junger Vasudaner trat zu dem Alten und betrachtete ebenfalls die sich formierende Flotte. So standen sie eine Weile schweigend da. Ein Schiff nach dem anderen sprang durch den Subraumknoten nach Regulus. Die GTD Intrepid würde nach den beiden Kreuzern und der Korvette springen.
»Jetzt dauert es nicht mehr lange.«, flüsterte der alte Vasudaner.

*
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Alexander
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KAPITEL 8

* Regulus-System, Juni 2370

Leutnant Patrick Wallace korrigierte die Fluggeschwindigkeit seines Ursas. Sie flogen durch ein dichtes Asteroidenfeld und kleine Partikel trommelten ständig auf die Schilde der Maschinen. Er hatte sich diesem Einsatz zuteilen lassen um endlich etwas tun zu können. Der seiner Meinung nach sinnlose Tod seines Cousins machte ihm zu schaffen.
Deshalb hatte er darum gebeten das Asteroidenfeld von Regulus auf Piratenbasen und versteckte Piratenschiffe überprüfen zu können. Da die Langstreckensensoren der Intrepid keine Subraumsignaturen im Asteroidenfeld entdeckt hatten, gab es dort höchstwahrscheinlich keine freindlichen Jäger. Sechs schwere Bomber der Ursa-Klasse sollten ausreichen um alle Piratenschiffe im Asteroidenfeld vernichten zu können.
Lance Vincey hatte trotzdem darauf bestanden ihm eine Jägereskorte mitzugeben. Aber Patrick wollte keine anderen Piloten dabeihaben. Er hatte mit seiner Mutter gesprochen und die Admiralin hatte den Einsatz abgesegnet.

Das Intercom piepte kurz, blieb aber stumm. Sein Com-Offizier erhaschte ein paar unverständliche Wortfetzen.
»Hier Delta-Staffelführer, bitte wiederholen sie!«, brüllte Patrick ins Intercom.
Sie warteten. Sein Copilot, der Com-Offizier und der Bordschütze waren sichtlich angespannt. Irgendwo da draußen war ihr Ziel.
»Bitte wiederholen sie ihre letzte Meldung!«
Nichts. Nur die endlosen Asteroidenfelder mehrere Kilometer voraus.
»Delta-Staffelführer an Delta-Staffel. Meldung machen. Sofort!«
Ein paar verwirrte Anworten kamen herein. Der Com-Offizier sortierte und analysierte sie wie gewohnt sehr schnell und sehr effektiv. Es waren keine verwertbaren Informationen darunter.
»Delta-Staffelführer an Delta Staffel. Erhöhte visuelle Aufmerksamkeit.«
»Delta-Drei, haben sie Delta-Fünf gesehen?«, fragte der Copilot plötzlich dazwischen.
»Ein...krtrschh...Momen...krrtch...«
Eine sehr lange Pause. Der Copilot kalibrierte seine Scanner neu, der Com-Offizier tat dasselbe mit der Com-Phalanx. Die Stimme des Com-Offiziers von Delta-Drei kam dann klar und deutlich aus dem Intercom.
»Hier D-Drei an D-Eins. Ich habe D-Fünf auf den Koordinaten....«
Patrick Wallace sah seinen Copiloten und dann seinen Com-Offizier eindringlich an. Die beiden Männer überprüften ihre Instrumente und schüttelten dann den Kopf. Es gab keine Spur von Delta Drei und Delta Fünf mehr.
»D-Eins an Delta-Staffel. D-Vier, halten sie Ausschau nach D-3 und D-5. Die müssten doch...?«
»Kontakt! Kontakt! Acht! Es sind acht!«
Die Meldung kam von Delta-Zwo. Patrick und sein Copilot suchten das Asteroidenfeld mit ihren Augen ab. Doch da war nichts.

An ihrer Backbordseite blitze es auf. Als Patrick den Kopf drehte sah er gerade noch eine Kette roter Laserblitze in den Asteroidenfeldern verschwinden. Wieder rauschte das Intercom. Gerade als das Gemurmel einen Sinn zu ergeben schien, explodierte Delta-Zwo keine sechzig Meter neben Patricks Maschine. Etwas sehr Helles und Schnelles flog an seinem Cockpit vorbei.
»Delta-Zwo ist weg! Delta-Zwo ist weg!«, brüllte der Bordschütze sinnloser weise via Bordfunk.
»Formation auflösen!«, befahl Patrick geistesgegenwärtig.
Die Welt schien Kopf zu stehen als er den schweren Bomber in einen kreiselnden Sturzflug zwang. Für einen Moment sahen sie wie die brennenden Überreste von Delta-Zwo von Kollisionen mit kleinen Asteroiden in rote Fetzen aus Feuer zerrissen wurden.

Auf seiner Kommandokonsole blickten Alarmlichter auf. Ein Gegner versuchte sie anzupeilen. Laut Bordcomputer war es ein Thoth, ein vasudanischer Jäger mit exzellenten Leistungsdaten und schwerer Bewaffnung. Patrick erkannte die knochenweißen Markierungen unterhalb der Cockpithaube.
Der Thoth gehörte zum Lichthammer!

Patrick ließ den Ursa wegkippen. Sie kreiselten auf ein besonders dichtes Asteroidenfeld zu. Der Bordschütze feuerte lange Salven auf die vermutete Position ihres Gegners ab. Die Laserblitze verschwanden ohne erkennbare Wirkung in den Asteroidenfeldern. Selbst wenn die Salven den Thoth trafen würde das wahrscheinlich keine Wirkung haben. Es brauchte schon mehr als ein paar Treffer aus einer Bordwaffe um einen Schutzschild zu durchschlagen.
Patrick gab Vollschub um die relative Sicherheit des Asteroidenfeldes zu erreichen. Solche Felder störten alle Sensoren. Jedenfalls alle Sensoren der terranisch-vasudanischen Flotte. Niemand wusste ob die shivanischen Sensoren ebenfalls gestört wurden.
Aber es war ihre einzige Chance.
Vor ihnen tauchte ein leichter Jäger der Horus-Klasse auf. Patrick feuerte mit allen Waffen, die ihm zur Verfügung standen, auf den Feind. Die Schilde des leichten Jägers brachen weg und die Maschine verwandelte sich in einen Feuerball.
»Jeahahah! Das war ein Volltreffer!«, jubelte sein Copilot.

»Hier? D-Vier? Ist hinter mir! Er ist hinter mir! Heiliger Herr Jesus Christ! Ich kann ihn nicht abschütteln! Ich kann ihn nicht ab...«
Weißes Feuer raste durch die Asteroidenfelder als Delta-Vier explodierte. Die Cyclops-Torpedos waren wahrscheinlich alle gleichzeitig detoniert. Delta-Sechs wich den Trümmern aus und raste hinter seinem Staffelführer her. Auch Delta-Fünf kam in Sicht. Die Bomber feuerten aus allen Rohren um die angreifenden Vasudaner auf Distanz zu halten.

»D-Fünf an Staffelführer. Mindestens fünf Thoths und drei Seths im Missionsgebiet. Ich wiederhole: Hier sind mindestens fünf Thoth und drei Seths. Die Thoth tragen Trebuchets. Delta-Zwo und Delta-Vier sind zerstört worden. Orte weitere feindliche Signaturen. Da sind auch noch ein paar Horus und... und.... Oh nein! Das sieht ja aus wie...oh...oh mein Gott!«

Wie in Zeitlupe brach Delta-Fünf auseinander. Wahrscheinlich war der schwere Bomber von einer Trebuchet, einer Anti-Bomber-Rakete, getroffen worden. Das schwere Geschoss hatte den Schutzschild und die Panzerung von D-Fünf einfach durchschlagen. Von Delta-Sechs und Delta-Drei war weit und breit nichts mehr zu sehen.

Der Zielerfassungsalarm ertönte wieder. Patrick bekam einen harten Schlag ab und ruckte so heftig nach vorn das er sich auf die Lippen biss. Er sah sein Blut davonfliegen und gegen die Cockpitscheibe spritzen. Kabel brannten, der Com-Offizier versuchte sich einen langen Splitter aus der Brust zu ziehen und die Luft fühlte sich kalt und hart an.
Patrick bearbeitete die Kontrollen und richtete den Kampfbomber wieder aus. Ein Triebwerk brannte. Sein Copilot feuerte mit den Bordwaffen ungezielt in das Asteroidenfeld vor ihnen. Ein Horus wurde voll getroffen und explodierte. Über Intercom hörte er seinen Kanonier vor Schmerzen und auch vor Freude über den Abschuss heulen.

Direkt voraus sah Patrick einen platten Schatten. Ein vasudanischer Jäger der Thoth-Klasse raste auf sie zu. Das Zeichen des Lichthammers leuchtete hell und deutlich auf den Flanken des Jägers auf. Unterhalb des Cockpits prankte ein knochenweißes Zeichen. Das war derselbe Thoth, der sie schon die ganze Zeit über verfolgte. Seine vier schweren Prometheus-S-Kanonen schleuderten ihnen einen Strom aus grünen Energieblitzen entgegen.
»Gott stehe uns bei.«, murmelte Patrick.

# # #

Hadesian drehte sofort ab als der Ursa auseinanderbrach. Er war kein Anfänger der sich den Tod seiner Feinde anschaute und dann selbst abgeschossen wurde. Die Ursa war sein einhundertster Abschuss.
Hadesian lauschte in sich hinein. War da ein Triumpfgefühl? Oder gar Trauer?
Nein, da war nichts. So wie es sein sollte. Ein Krieger vernichtete seine Feinde auf dem Schlachtfeld, labte sich aber nicht an deren Tod.
Das Radar war frei von Feinden.
Hadesian sammelte seine vier Staffeln. Seine Aufgabe in diesem System war erfüllt. Es war sehr unwahrscheinlich das die Terraner ihre verlorenen Ursas wieder finden würden. Und selbst wenn doch, dann würden sie glauben die Piraten hätten die Ursas vernichtet. Die Terraner hatten keine Ahnung wie nahe ihnen die Vernichter bereits waren.

# # #

Die 5th GTVA-Flotte erreichte das Zentrum des Regulus-Systems gerade rechtzeitig um in einen Angriff der Piraten hinein zu geraten.
»ALARM! ALARM! ALARM!«
Die Piloten hetzten zu ihren Maschinen. Auf dem Flugdeck herrschte perfektes Chaos. Weder die Bodencrew noch die meisten Piloten hatten jemals einen echten Alarmstart mitgemacht. Sie alle waren entweder Rekruten oder waren während der NTF-Rebellion und der Schlacht um Capella irgendwo im Hinterland stationiert gewesen.
»Weg mit dem Bomber!«, brüllte Lisa Rocket während sie mit der rechten Hand auf Lance Kanzel schlug. Ein Greifarm packte den verkeilten Bomber und riss ihn aus der Startbucht, ein zweiter Greifarm zog Lance' GTF Perseus in eben diese Startbucht. Das funktionierte ganz gut. Entweder bediente einer der wenigen Veteranen die Greifarme oder einer der Rekruten lernte schneller als seine Kameraden.

Wie auch immer, Lance Maschine schoss mit Höchstgeschwindigkeit durch die Luftschleuse und raste über die Startbahn der Intrepid. Kalter Weltraum empfing ihn. Mindestens fünf Kilometer vor der Intrepid tobte ein Kampf zwischen Piraten und dem 102nd Geschwader. Die jungen Rekruten hatten bereits drei Maschinen und ebensoviele Piloten verloren.
»Alpha-Eins, sammeln sie ihre drei Staffeln und machen sie dem ein Ende!«, befahl Colonel Stevons knapp und bündig.

Zwölf GTF Perseus formierten sich und rasten den angreifenden Piraten entgegen. Diese Maschinen wurden ausnahmslos von Veteranen geflogen. Eine Wand aus Raketen löste sich aus den Lafetten der Perseus und schossen den Piratenmaschinen entgegen. Acht feindliche Maschinen wurden augenblicklich getroffen, drei explodierte sogar.
Lance zog seine Maschine in einen engen Looping und setzte sich hinter eine Piraten-Loki. Der alte Jäger war einst eine Eigenentwicklung des GTI, des Geheimdienstes, gewesen. Jetzt war er nur noch eine veraltete Maschine.
Salven aus Prometheus und Subach-HL-7 Geschützen rissen die Schilde des Loki herunter und drangen durch die dünne Panzerung bis zum Reaktor vor. Der Loki explodierte. Neben Lance erzielte Peter einen Abschuss, Ivonne erledigte einen alten Hercules. Sie hatte den Verlust ihrer Maschine in Sirius noch nicht verwunden und flog extra aggressiv. Innerhalb von Sekunden erzielte sie einen zweiten Abschuss.
»Nicht schlecht, Beast, aber jetzt zurück in die Formation.«, befahl Lance.
Die elf Perseus formierten sich um Lances Position. Sie hatten während des kurzen Kampfes mindestens neun feindliche Jäger zerstört und ebenso viele ernsthaft beschädigt. Die Piraten zogen sich eilig vom Schlachtfeld zurück.

»Hier? Zeta-Zwo? Führer ausgefallen? was soll ich tun?«
Die Stimme des jungen Piloten überschlug sich vor Aufregung. Auf die Idee zur Intrepid zurückzukehren kam er anscheinend nicht. Lance beschloss ihm zu helfen.
»Hier ist Alpha-Eins. Nähern sie sich der Intrepid auf eintausend Meter und rufen sie per Notsignal ein Reparaturschiff. Sorgen sie dafür das dies alle ihre Staffelkameraden tun. Landen sie nach den Reparaturen. Wenn das nicht klappt landen sie auf der Lexington. Die hat ja genug Platz für zusätzliche Jäger. Aber stellen sie auf alle Fälle sicher das ihre IFF-Sender korrekt funktionieren. Viel Glück, Zeta und Iota.«
»Verstanden, äh? Sir? Wir ziehen uns zurück.«
Eine weitere alliierte Maschine explodierte. Entweder war der Reaktor von einem Splitter getroffen worden und verspätet explodiert oder der Pilot hatte einen fatalen Fehler bei der Eigendiagnose bzw. der Bordreparatur begangen. Die vier überlebenden Maschinen der Patrouille zogen sich mit Höchstgeschwindigkeit zur Intrepid zurück.

Die Piraten jedoch kehrten mit Verstärkungen zurück. Zwanzig Jäger und Bomber verschiedener Klassen und zwei alte Kreuzer griffen in das Gefecht ein. Nach kurzem Widerstand zogen sich die Veteranen ebenfalls zur Intrepid zurück. Während des Rückzuges gaben sie sich gegenseitig Deckung.
Eine Staffel feuerte auf die Piraten während sich die beiden anderen Staffeln ein Stück zurückzogen. Dann übernahm eine frische Staffel den Geleitschutz. Die Piraten kamen mit dieser Taktik gar nicht zurecht. Sie verloren sechs Maschinen bei ihren fruchtlosen Angriffen. Dann erschien ein bekanntes und berüchtigtes Gesicht auf den Bildschirmen der alliierten Schiffe. Der Mann sah auf seine Weise gut aus, strahlte jedoch Bösartigkeit aus.
»Hier spricht Konteradmiral Michael Calas. Ich befehlige dieses System im Namen der Neo-Terran-Front und fordere sie auf unverzüglich ihre Waffensysteme abzuschalten. Jeder Versuch den Talania Subraumknoten zu erreichen wird von uns als Kriegserklärung angesehen. In unserem Besitz befindet sich eine Wunderwaffe, die wir umgehend gegen sie einsetzen werden, wenn sie uns weiterhin angreifen.«

Lance grinste dämlich als er den nächsten feindlichen Jäger abschoss. Ob der Pirat nun bluffte oder nicht, die Allianz konnte niemals auf seine Forderungen eingehen. Nach einer Sekunde des Zögerns eröffneten auch Peter und Ivonne wieder das Feuer. Wunderwaffe hin oder her, die Piraten und selbsternannten NTF-Krieger würde heute besiegt werden.
»Ihr habt es so gewollt, ihr dämlichen Idioten.« , kam es von dem Kreuzer.

Bei genauerer Betrachtung handelte es sich um einen Leviathan, also eine extrem stark gepanzerte und bewaffnete Version des normalen Fenris. Dafür waren diese Kreuzer langsamer als ein Fenris. Lance und die anderen Veteranen hielten sich jedoch wohlweislich außerhalb der Reichweite der feindlichen AA-Geschütze auf.
Zum Glück für die Alliierten besaß keiner der feindlichen Kreuzer moderne Flakgeschütze, deren Geschosse einen Jäger oder Bomber regelrecht zerfetzen konnten.
»Alpha-Eins, hier ist Beta-Eins. Wir haben hier sechs Medusa-Bomber und wollen unser Päckchen abgeben. Das Ziel ist als NTC Zican identifiziert worden. Es ist Calas Flaggschiff!«
Mathias Stimme klang beunruhigt, wie er es immer vor entscheidenden Gefechten war. Vielleicht hatte er auch Sorge das seine Rekruten die Ziele verfehlen würden.

»Die Kreuzer aktivieren ihre Hauptgeschütze! Alpha, Beta! Zerstören sie sie JETZT!«
Die Stimme von der GTD Intrepid war nicht zu identifizieren. Wahrscheinlich gehörte sie einer Com-Offizierin der Kampfbrücke. Jeder Kreuzer der Fenris- bzw. der Leviathan-Klasse verfügte über ein leichtes Strahlgeschütz. Solche Waffen konnten der dicken Panzerung der Intrepid wenig anhaben.
»Alpha! Beta! Los doch! Los, los LOS!« , rief die Com-Offizierin der Intrepid verängstigt.
Die Com-Offizierin der Intrepid wollte anscheinend nicht austesten wie stark die Panzerung des Zerstörers wirklich war.

Lance hängte sich an einen feindlichen Hercules und feuerte zwei volle Salven Energiegeschosse und Raketen ab. Der Herc explodierte. Ein Piraten-Ulysses versuchte die Situation auszunutzen und brachte seinerseits zwei Salven an Lance Maschine an. Doch die alten Avenger-Geschütze konnten den Schutzschild der Perseus nicht knacken.
Lance wendete, kurvte um den Ulysses herum und löschte ihn mit acht gezielten Schüssen aus. Ein feindlicher Loki-Scout flog durch sein Sichtfeld, gehetzt von Ivonne. Die Pilotin erzielte schließlich einen Volltreffer. Auch der Loki brach auseinander. Die restlichen Piraten hatten sich der Intrepid genähert und versuchten das Schiff direkt anzugreifen. Gefangen zwischen dem riesigen Rumpf des Zerstörers und den Abfangjägern waren sie ein leichtes Ziel.
Die jungen Rekruten, angeführt von Kevin Petrarch, nutzen die Chance gnadenlos aus indem sie die Piraten dezimierten. Kevin erzielte zwei Abschüsse, ein junger Pilot namens Nathan sogar drei. Der Weg für die alliierten Bomber war frei.

»Ihr Narren!«, brüllte Michael Calas via Intercom. »Wir sterben heute, aber ihr werdet uns bald alle nachfolgen. Hört ihr? Schon bald wird eure geliebte Allianz untergehen. Niemand wird überleben. NIEMAND!«
Leutnant Mathias Volter feuerte eine volle Salve Cyclops-Torpedos auf den führenden Kreuzer ab. Die schweren Raumraketen rissen den Bug der NTC Zican auseinander. Beta-Zwo tat es seinem Staffelführer gleich und erzielte drei Volltreffer. Die Torpedos detonierten tief im Rumpf des Kreuzers. Für einige schreckliche Minuten konnte man die Besatzung über die Comlinks schreien hören. Dann platzte die Zican auseinander. Einige der Trümmer waren größer als ein terranischer Jäger. Die Schreie endeten abrupt.

Beta-Drei und -Vier wendeten zu dem Fenris hinüber, der seinerseits Abwehrfeuer aussandte und den Bombern dann seine schmale Bugsilhouette präsentierte. Das half nicht viel. Die Lasergeschosse zerstörten zwei der anfliegenden Torpedos, durch die Wende entging der Kreuzer zwei weiteren Bomben. Doch die restlichen vier Torpedos trafen die Aufbauten und den Raketenwerfer des Fenris. Das Schiff verging in einer spektakulären Explosion.

»Hier ist Alpha-Eins.«, meldete sich Lance. »Wir haben den Angriff zurückgeschlagen. Sollen wir die restlichen Piraten verfolgen?«
Colonel Stevons Gesicht erschien auf dem Intercom. Zur Abwechslung drückten seine Gesichtszüge weder Arroganz noch Geringschätzung aus. Vielmehr schien er ernsthaft stolz auf die Leistung des 53rd zu sein.
»Sehr gute Arbeit, Major Vincey. Kehren sie zur Intrepid zurück. Die Kappa und die Beta Staffel werden den Feind verfolgen. Wir haben soeben erfahren das die GTCv Warspite die NTC Andromeda mitsamt ihrer Eskorte vernichtet hat. Sie alle haben für heute genug geleistet. Nochmal: Sehr gute Arbeit.«
Lance gab den Befehl an seine Staffelkameraden weiter. Das war eigentlich nicht nötig, denn wichtige Infos wurden eigentlich an jeden alliierten Jäger geschickt. Doch auch die Crew des Kampfleitstandes war neu und unerfahren. Lance wollte einfach nicht das jemand sinnlos draußen blieb.
Die Bestätigungen kamen herein. Ivonne war stolz, Peter beruhigt und Mathias nervös wie immer. Als Lance landete überkam auch ihn so etwas wie Stolz. Sie hatten diese Mission erfolgreich zu Ende gebracht. Das war viel Wert.


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